ecd17 logoWaren es vor wenigen Jahren noch Themen wie Vertikalisierung oder Direktvertrieb, die Hersteller, Händler oder Retailer beschäftigten, stellt sich heute immer mehr Anbieter die Frage, wie sie mit dem Trend der „Plattform-Ökonomie“ umgehen sollen. Auf dem E-Channels Day (ECD), der am 23. Mai in der Wappenhalle stattfand, diskutierten renommierte Branchen-Insider, darunter About You, Galeria Kaufhof, Klingel, SportScheck, und Zalando über die Vor- und Nachteile und umrissen mögliche Erfolgsstrategien.

Und es ist in der Tat nicht einfach, hier den geeigneten Weg für sich zu finden. Zu unerreichbar scheinen mit Amazon, Alibaba und Co die Vorbilder, zu wenige Best-Practices weisen den Weg in erfolgreich adaptierbare Geschäftsmodelle. Zwar zeichnen sich derzeit zwei grundsätzliche Ausprägungen ab – entweder man wird als Händler selbst zum Marktplatz und integriert Fremdsortimente ganz nach dem Vorbild von Amazon, Zalando oder Otto. Oder aber man nutzt die Marktplätze als zusätzliche Vertriebsplattform für das eigene Sortiment und riskiert damit Abhängigkeiten und Austauschbarkeit.

Auch Jochen Krisch, Branchenanalyst und Blogger von excitingcommerce.de, konnte auf dem ECD keine einfache Erfolgsformel nennen. Allerdings – und hier war er sehr konkret – haben aus seiner Sicht nur echte Big Player mit einem Jahresumsatz von mindestens eine Milliarde Euro das Potenzial als Marktplatz wirklich erfolgreich zu sein. Aber das ist nicht alles: „Der Händler muss in der Lage sein, abseits vom Handel mit Waren auch in „Services“ zu denken“, verrät Krisch. „Denn neben dem Zugang zu seinen Kunden kann er vor allem mit Logistik-, Marketing- oder IT-Services neue Einnahmequellen erschließen“. Ausdrücklich aber riet er davon ab, „Marktplätze auf der grünen Wiese“ zu gründen. Wer erfolgreich sein will, muss dem Kunden einen Grund geben, auf seine Website zu gehen. Daher räumt er auch den etablierten Online-Shops die besten Startchancen für eine Plattformkarriere ein. Denn nur, wer dem Kunden einen echten und einzigartigen Nutzwert bietet – so wie Amazon mit seinem perfekten Fulfillment oder Zalando im Bereich Convenience, hat im Kampf um den Kunden und um zusätzliche Handelspartner eine Chance. Besonders viel Potenzial sieht er  übrigens in den Bereichen „Inspiration“ und „Mobile“, da es dort bislang keine klaren Leader am Markt gibt.

Auch wenn am Ende der Veranstaltung kein klares Erfolgsrezept zum Thema „Plattform-Ökonomie“ auf dem Tablett lag, zeigte die Diskussion doch eines: Die Entwicklung von Marktplatzstrategien steht erst am Anfang und mit der Öffnung und Veränderung des Handels entstehen ganz neue Geschäftsmodelle, die im Moment noch gar nicht absehbar sind. Nur eines ist sicher: Dynamik im E-Commerce wird sich so schnell nicht verlangsamen. Und als abschließende Motivation für die Zuhörer verriet Krisch: „Zwar wird Amazon weiter wachsen und immer größer werden. Doch je größer es wird, desto mehr Platz wird es für innovative Ideen und Modelle geben, die man als Big Player eben nicht mehr so leicht umsetzen kann.“