Interview mit ISPO Digitize: Fragen an Tobias Gröber, Executive Director Business Unit Consumer Goods
Die Premiere des ISPO Digitize Summit steht kurz bevor: am 28./29. Juni öffnet das neue Format mit einem spannenden Programm seine Pforten im Münchner
Die Premiere des ISPO Digitize Summit steht kurz bevor: am 28./29. Juni öffnet das neue Format mit einem spannenden Programm seine Pforten im Münchner Kongresszentrum, dem ICM. Nichts weniger als eine Plattform rund um die Zukunft der Sportbranche soll der Summit sein – die Messlatte liegt also ziemlich hoch. Warum das die logische Konsequenz aus vielen Jahren Entwicklungsarbeit ist und warum die ISPO mit Sitz in München zum Thema Digitalisierung auch sonst einiges zu sagen hat, erzählt Tobias Gröber, Executive Director Business Unit Consumer Goods, im exklusiven Interview.
ECD: Herr Gröber, auf der ISPO Digitize-Website heißen Sie zur Zukunft des Sport-Business willkommen – wie sieht sie denn aus, die Zukunft dieser Branche?
Tobias Gröber: Wie in vielen Branchen wird auch im Segment Sport die Zukunft des Handels anders aussehen als wir es jetzt kennen. Es geht um neue Ansätze in der Kundenbindung, die Öffnung hin zu neuen Technologien und natürlich die intelligente Verknüpfung all der Verkaufsstrategien, die ich als Brand oder Händler zur Verfügung habe. Allein rund um die Frage: “Wie kreiere ich im stationären Handel ein Erlebnis, das über das Produkt hinausgeht und den Kunden überall hin mitnimmt?” könnte man schon eine komplette Veranstaltung bauen.
Auf Ihrem Haupt-Event, der ISPO Munich, spielen Innovationen und deren Präsentation die tragende Rolle. Wie wollen Sie diese “Neuheiten-Schau” auf den Summit übertragen?
Ganz einfach: Indem wir den Fokus weniger auf die Präsentation neuer Produkte der durchschnittlich 3.000 Aussteller legen, als vielmehr auf die digitale User Experience und den Austausch vor Ort. Der Summit verfolgt inhaltlich den Konferenz-Ansatz mit Vorträgen und Workshops. Ob es so einfach ist, wird sich natürlich zeigen. Aber wir haben gerade mit dem Thema “Digital Transformation“ sehr gute eigene Erfahrungen gemacht. Wir befinden uns als ISPO selbst seit 2009 in diesem Prozess. Daher glauben wir zu wissen, welche Fragen die richtigen sind und welche Themen die Branche umtreibt. In den zwei Tagen werden daher hochkarätige Keynotes und Workshops die entscheidende Rolle spielen – weniger die Produktneuheiten.
Die Digitalisierung an sich ist ja mehr oder weniger eine Innovation der Branche. Manche Brands und Retailer sind schon einige Schritte gegangen, manche begeben sich erst auf den Weg. Welche Botschaft geben Sie der Branche mit auf dem Summit?
Build – Measure – Learn! Das kann ich aus eigener Erfahrung nur weitergeben. Wir haben es bei ISPO selbst erlebt, haben Vieles ausprobiert, mussten manche Idee abschießen und haben dadurch aber Erfahrung für Neues angehäuft. Die Brands, und vor allem die Händler, die noch nicht so weit sind, müssen bereit sein, neue Wege zu gehen. Das klingt immer so einfach oder auch abstrakt. Nehmen wir zum Beispiel den Bereich E-Sports. Da herrscht große Skepsis in der Branche, weil es sich dabei nicht um Sport im klassischen Sinn handelt. Im Zusammenhang mit dem Thema Digitalisierung fällt darauf jedoch ein komplett anderes Licht. Es eröffnet neue Vertriebswege, neue Kanäle und auch neue technologische Ansätze im Sinn der Gamification. Es heißt also: Offen sein für die Themen, die Kunden – und hier vor allem die Kunden von morgen – umtreiben. Ich erinnere mich an das Jahr 2006, als eine Firma namens GoPro auf der ISPO Munich erstmals in unserem Start-up-Bereich ISPO Brandnew war. Die meisten Branchenteilnehmer haben sich gedacht: Das ist doch Technik! Was hat ein Kamera-Hersteller beim Sport verloren? Nun ja, über den weiteren Verlauf der Geschichte brauche ich nicht viel zu sagen. Diejenigen, die sich da früh geöffnet haben, sind in Sachen Kundenerlebnis auf einem völlig anderen Niveau gelandet. Und das sehr schnell. Denn eines darf man nicht vergessen: Nie wieder wird die Entwicklung so langsam sein wie heute, es wird immer schneller. Also ist handeln angesagt!
Die kleine Premiere der Digitize-Idee auf der ISPO Munich im Januar war ja ein voller Erfolg. Wie und wann kam es zum Plan, daraus einen zweitägigen Summit werden zu lassen?
Tatsächlich sind die Ideen das Thema auszubauen schon vor einigen Jahren entstanden. Dieses Jahr war es dann so weit: Es gab die Digitize-Fläche auf der ISPO Munich. Ein großer Erfolg, so dass der Schritt ein eigenes Event zu veranstalten nur konsequent für uns war. Hinzu kommt, dass bei einem Messebesuch oft nur wenig Raum und Zeit bleibt, sich voll dem Thema Digitalisierung zu widmen. Auch das hat uns zu dem Entschluss geführt, dem Digitize-Bereich ein eigenes Set-up zu geben. Aber ein eigener Summit heißt nicht, dass wir das Thema auf den bestehenden Plattformen nicht auch weiter ausbauen werden. Im Gegenteil: ISPO Digitize wird Bestandteil bleiben.
Was macht die Sportbranche so besonders im Spiel um den Schritt in die digitale Zukunft – sind die Player eher mutig oder verhalten?
Ich würde sagen: nach der Fashion-Branche, die sicherlich führend ist in Sachen Geschwindigkeit, folgt relativ schnell die Sportbranche. Ganz einfach aus dem Grund, dass viele Consumer Experts mit ihrem Lifestyle an Bereichen wie Fitness, Health und Sport interessiert sind. Und das sind Konsumenten, die sich informieren, die aufgeschlossen gegenüber Neuem sind und die daher auch viel von den Brands und Retailern einfordern. So gesehen ist die zunehmende Innovations-Geschwindigkeit in der Sport- und Outdoorbranche im großem Maße kundengesteuert. Und wer da entsprechende Plattformen und Features zur Verfügung hat, um diese Wünsche aufzugreifen, ist im Vorteil. Auch im stationären Bereich, der beim Thema Sport eine wichtige Rolle spielt.
Die Identifikation mit einer Brand ist in der Sportwelt besonders hoch – egal ob es sich dabei um den Ausrüster des Lieblingsvereins oder seine Fahrradmarke handelt. Wie können die Brands diese enge Bindung sinnvoll und smart digital aufgreifen und sogar vertiefen?
Das ist die Frage, die Sie den Brands und Händlern stellen müssen. Wir tun das zum Beispiel in Form unseres Digital Readiness Checks. Hier können Brands und Händler kostenlos ihren grundsätzlichen digitalen Reifegrad mithilfe von Fragen einschätzen. Hier stellen wir mitunter erstaunt fest: Einige Marktteilnehmer können diese Frage noch nicht einmal für ihr analoges Kerngeschäft beantworten. Daher sind wir der Meinung, und die Auswertungen belegen dies, dass das Problem nicht die Digitalisierung an sich ist. Sie schafft lediglich eine Transparenz und zeigt, dass die Schwierigkeiten oft woanders liegen – nämlich im analogen Kerngeschäft, in der konsequenten Ausrichtung an Kundenbedürfnissen und auch im Mindset des Unternehmens. So wird auch der Weg ins Digitale schwierig. Brands und Händler brauchen in ihrem im Kerngeschäft, das ja in den allermeisten Fällen noch analog ist, klare USPs. Ansonsten bringt ein digitalisierter Prozess nicht den gewünschten Erfolg.
Erzählen Sie uns noch ein wenig über die Highlights des Summit: Welche Stargäste sind zu erwarten, welche Keynotes und Workshops halten Sie für besonders spannend?
Wir freuen uns natürlich sehr über den Besuch und die Keynote von Adidas-CSO Roland Auschel. Er kann sicherlich Vieles über den Prozess der Digitalisierung sagen, in dem sich Adidas als Weltmarke ja genauso befindet wie andere, kleinere Marken. Ich persönlich freue mich besonders auf Günter Althaus von der ANWR-Group, der gerne sehr unkonventionelle Vorträge hält. Und natürlich auf Robert Scoble mit seiner Keynote “Was ist der Kunde 2020 und wie bereiten wir uns darauf vor”. Das will ohne Zweifel jeder gerne wissen!
…und natürlich nicht zu vergessen: Den ECD mit seinem Panel “Höher, schneller, weiter – Sport-Brands in der Digitalen Transformation”!*
Das stimmt! Gerade diese vielen Workshops und Panels, Use Cases und andere dialogorientierte Formate sind sehr spannend. Das ECD-Panel mit seinem Schwerpunkt auf den Themen Plattformen und Marktplätze befasst sich mit einem absoluten Trendthema, das die Branche ziemlich beschäftigt. Und mit Bogner und Kickz als Diskutanten ist das auch absolut hochkarätig besetzt.
*“Höher, schneller, weiter? Sportfashion-Brands in der digitalen Transformation“ – Unser Panel mit Expertenstimmen von Bogner und KICKZ, moderiert von Alexander Otto, findet am 28. Juni von 12.30 bis 13.30 Uhr in Raum 3 statt. Zum gesamten Programm kommen Sie hier.